Weltfremd
Der Pulverturm Foto: Engel
Der Linken wird ja gelegentlich eine gewisse Weltfremdheit unterstellt. Das liegt hauptsächlich daran, dass ihr immer wieder Vorschläge gelingen, denen man problemlos eine gewisse Weltfremdheit unterstellen kann. Zum Beispiel die jüngste Idee von Johannes Spielbauer, Stadtrat der Linken in Straubing:
Spielbauer hat jetzt Rechtsaufsichts-Beschwerde eingelegt gegen einen Stadtratsbeschluss. Der Stadtrat will nämlich, dass die Stadt Straubing für zehn Jahre auf das Namensrecht des Eisstadions verzichtet und dieses Recht den Straubing Tigers überträgt. „In einer anderen Situation könnte man über eine Übertragung des Namensrechtes durchaus diskutieren“, argumentiert Spielbauer, „aktuell können wir uns dies aber einfach nicht leisten.“ Weil die Stadt derzeit ja auf keine Einnahmequelle verzichten kann.
Spielbauer ist Jurist. Es kann durchaus sein, dass die Rechtsaufsicht seiner Argumentation folgt. Sehr wahrscheinlich ist das aber nicht, weil auch andere Städte die Namensrechte oder die Einnahmen daraus ihren Clubs überlassen, Frankfurt zum Beispiel oder auch Landshut. Aber sein könnte es schon, weil man in juristischen Dingen ja nie so genau weiß, fragen Sie Habeck. Was wäre dann?
Dann würde das Namensrecht auf die Stadt zurückfallen. Dann könnte sie dieses Recht so erfolgreich zu Markte tragen wie seit 50 Jahren schon. Da hat sie ziemlich genau 0,00 Euro herangeschafft.
Gut, kann man da sagen, in den ersten 30 Jahren waren die Rechte auch gar nicht viel wert, weil die Straubing Tigers damals meist in Liga zwei, drei oder vier waren und es auch keine Live-Übertragung bei Magenta TV oder Sport1 gegeben hat. Der Wert dieses Namensrechts wird nämlich ausschließlich durch den sportlichen Wert der Straubing Tigers bestimmt.
Aber Tigers-Wert hin, Namens-Wert her: Eigentümer des Stadions ist halt einfach die Stadt. Also sollte nur sie Geld für das Namensrecht bekommen, nicht wahr? So denken Leute, die wie Spielbauer denken, und das ist sehr populistisch gedacht. Denn in der rauen Wirklichkeit unseres Lebens: Wie viel Geld könnte die Stadt dafür bekommen? Wollen wir einen Tipp wagen? Okay: 49 Euro und 50 Cent. Vielleicht sogar 50 Euro. Aber nicht sehr viel mehr.
Zur Wahrheit gehört nämlich auch: Für ein solches Namensrecht muss man erst einmal einen Käufer finden. Aber wer soll den finden? Soll der OB höchstpersönlich eine Werbebroschüre gestalten und mit ihr von Tür zu Tür ziehen? Oder glauben Sie eher, dass der berufsmäßige Stadtrat Lermer das als seine Aufgabe sieht? Oder der Kämmerer?
Ich glaube nicht. Niemand wird losziehen und aktiv einen Käufer suchen. So, wie in der Vergangenheit niemand losgezogen ist. Nun kann man sagen, dass dieses Namensrecht in den vergangenen zehn Jahren schon bei den Tigers war und auch nichts passiert ist. Genau daran sieht man, wie schwierig es ist, dieses Recht zu vermarkten. Aber jetzt gibt es Gespräche mit einem möglichen Sponsor, und zwar Gespräche der Tigers. Die Stadt würde erst gar keine führen.
Es ist nämlich ein Unterschied, ob die Tigers-Geschäftsführerin Gabi Sennebogen einen möglichen Käufer anspricht und ihm erklärt, dass er mit dem Kauf der Namensrechte die Tigers direkt unterstützt. Oder ob ein Mann von der Stadt diesem möglichen Käufer erklärt, dass er mit dem Kauf den städtischen Haushalt unterstützt.
Niemand will städtische Haushalte sponsern. Aber viele wollen die Tigers unterstützen. Deshalb sind niederbayerische Unternehmen bis hinunter ins Rottal bei den Tigers aktiv, aber nicht bei der Stadt Straubing.
Und deshalb könnten die Tigers ein Vielfaches von dem erreichen, was die Stadt erreichen würde, und in die Stärkung des Eishockey-Standorts investieren. Von einem starken Eishockey-Standort profitieren übrigens viele, vom Nachwuchs über Hotels bis zur Stadt.
Aber gut möglich, dass die Stadt selber 49 Euro und 50 Cent damit verdienen kann. Diese 49 Euro und 50 Cent darf sich Johannes Spielbauer dann als Erfolg anrechnen lassen. Das wäre doch wunderbar für Die Linke, und dazu herzlichen Glückwunsch.