„Nein, so nicht“
Feride Niedermeier, Fraktionschefin der Grünen im Rathaus. Foto: Privat
Kommenden Montag entscheidet der Stadtrat auch die Erhöhung der Gebühren für Kita und Kindergarten. Es ist eine massive Erhöhung. Je nach Altersgruppe zehn oder 25 Prozent, jeweils in diesem und auch im nächsten Jahr. Der Grund: Die Kosten für die Stadt explodieren. Noch 2015 hat das die Stadt fünf Millionen Euro gekostet, für 2025 werden zwölf Millionen erwartet. Die Stadt in der Zwickmühle: Solche Kosten kann sie sich kaum noch leisten, aber viele Eltern eben auch nicht. Die Grünen im Stadtrat positionieren sich in dieser Zwickmühle vor der Sitzung recht klar: Keine Gebührenerhöhung, lieber diese Kosten bei der Stadt.
Feride Niedermeier, Fraktionschefin der Rathaus-Grünen: Warum?
Feride Niedermeier: Ich möchte zunächst das Problem beschreiben. Seit Jahren haben sich die Kosten erhöht. Die Personalkosten steigen, die Zahl der Plätze steigt, die Städte müssen den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erfüllen. Aber das, was der Freistaat dafür bezahlt, ist nicht mitgewachsen. Prozentual bezahlt der Freistaat damit immer weniger und die Kommunen immer mehr. Die Gebührenerhöhung 2024 haben wir noch mitgetragen. Aber jetzt sagen wir: Wir brauchen einen höheren Zuschuss von der Staatsregierung. Das ist unser Punkt.
Die Stadt Straubing zum Beispiel muss inzwischen drei Millionen im Jahr an sogenannten „freiwilligen Leistungen“ ausgeben und kommt auch dadurch finanziell in eine immer schiefere Lage. Deshalb sagt die Stadt ‘So kann’s nicht weitergehen. Wir müssen die Eltern stärker beteiligen‘. Dem werden die Grünen im Stadtrat aber nicht zustimmen, und wenn eine Mehrheit das auch so sähe, hieße das: Die Stadt hätte keine Möglichkeit, ihre Kosten zumindest zu dämpfen.
Niedermeier: Es kann aber doch nicht sein, dass wir sagen ‘wir kriegen halt kein Geld von der Staatsregierung, dann wälzen wir einfach auf die Eltern um‘.
„Die Staatsregierung hat Gelder“
Wenn Sie sagen ‘das kann nicht sein‘, ist das eine klare Haltung. Eine Haltung ist aber noch keine Lösung.
Niedermeier: Die Grünen im Landtag haben einen Antrag zur Lösung gestellt. Diesen Weg könnte man ja unterstützen. Die Staatsregierung muss bei dieser Aufgabe einfach Geld zur Verfügung stellen. Und die Staatsregierung hat Geld. Es kann ja nicht meine Aufgabe als Stadträtin sein, einfach zu sagen, ‘es hilft nix, da müssen wir zustimmen, weil der Rechtsanspruch besteht‘. Wie weit sollen wir denn dabei gehen? Wir müssen jetzt einfach einmal Gesicht zeigen, und andere Kommunen sollten das auch tun.
Was heißt denn Gesicht zeigen konkret?
Niedermeier: Das heißt, dass wir sagen: Die Staatsregierung hat Gelder, aber die Kommunen werden nicht unterstützt.
Und was ist das praktische Mittel, um die Staatsregierung dazu zu bringen, diese Mittel herauszugeben?
Niedermeier: Da sage ich zunächst: Ohne diese Mittel wird es nicht gehen. Wie weit wollen wir denn den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erfüllen, wenn die Eltern dann 1 000 Euro zahlen müssen? Denn da werden wir landen, wenn wir nicht eine grundsätzliche Änderung in der Finanzierung schaffen. Wie weit soll das denn noch gehen?
Und? Wie weit?
Niedermeier: Gar nicht mehr. Ich hab im Haupt- und Finanzausschuss an den Oberbürgermeister appelliert, dass er sich bei der Staatsregierung einsetzt. Es gibt diese Anträge der Landtagsgrünen, weil einfach die Hütte brennt, und die Staatsregierung tut nix. Da muss anscheinend erst der Fall eintreten, dass der Rechtsanspruch nicht mehr erfüllt wird.
„Die Staatsregierung will das Problem nicht sehen“
Was passiert, wenn er nicht mehr erfüllt wird?
Niedermeier: Ich geh‘ davon aus, dass die Stadt dann Strafe zahlen muss.
Dann bezahlt die Stadt weiterhin das, was sie jetzt bezahlt, und außerdem Strafe, und es gibt weniger Kita-Plätze, und Alleinerziehende stehen da und sagen: „Ich krieg mein Kind nicht unter“.
Niedermeier: Das Problem ist doch, dass die Staatsregierung genau das einfach nicht sehen will. Es wird von dieser Regierung einfach nicht gesehen.
Das heißt: Die Grünen stimmen im Stadtrat nicht zu, damit Druck entsteht auf die Staatsregierung. Aber der Stadt würde zunächst das Finanzierungsproblem über den Kopf wachsen, wenn diese Position eine Mehrheit hätte.
Niedermeier: Ich kann nicht für andere Fraktionen sprechen. Ich kann nur sagen, was unsere Politik ist und was wir Grünen für die Kinder wollen. Sollen wir denn an den Kindern sparen? Man hätte sparen können am Rathausbau, man hätte sparen können an Planungen, die man eh nicht durchgeführt hat, wie Stadtgärtnerei und Bauhof zusammenlegen. Mir geht es darum, dass wir nicht sagen können, ‘wir steigern die Kosten immer weiter‘. Wir sind eh schon Gebührenerhöhungen mitgegangen, erst im vergangenen Jahr. Und jetzt steht eine weitere an für 2025 und eine für 2026. Irgendwann ist einfach gut. Irgendwann ist der Zeitpunkt, dass man einfach ‘Nein, so nicht!‘ sagen muss.
„Das Instrument ‘Städtetag‘ funktioniert nicht“
Aber die Stadt sagt: Sogar bei dieser geplanten Erhöhung schaffen wir das Defizit nicht, denn um das Defizit auszugleichen, müsste die Stadt um noch einmal fast 500 Euro erhöhen. Im Grunde sagt die Stadt doch: Ohne diese geplante Erhöhung brächten wir einen Geldscheißer, und den haben wir nicht.
Niedermeier: Deshalb sage ich ja: Wir müssen diese Politik ändern. CSU und Freie Wähler haben im Koalitionsvertrag versprochen: ‚Qualität der Kita-Betreuung verbessern, mehr qualifiziertes Personal, Inklusion ausweiten‘. Aber das Gegenteil passiert. Die Lage hat sich für alle deutlich verschlechtert. Deshalb hat unsere Landtagsfraktion einen Antrag zu einem Kita-Rettungsschirm gestellt. Wir müssen an die Wurzeln des Problems gehen, und die Wurzel ist die Unterfinanzierung durch diese Staatsregierung. Der Freistaat hat Gelder. Aber er gibt sie nicht aus für dieses Problem.
Wie offen ist aus Ihrer Sicht der OB Markus Pannrmayr für die Idee, Druck auf die Staatsregierung zu machen? Er ist ja auch Chef des Bayerischen Städtetags?
Niedermeier: Er sagt natürlich, dass er sich einsetzt. Aber dieses Instrument Bayerischer Städtetag funktioniert ja ganz offensichtlich nicht. Weil von einem ‚ich setz mich ein‘ können wir nicht runterbeißen. Unser Instrument sind deshalb Anträge im Landtag, um Geld freizumachen. Ich kann mich jedenfalls nicht mehr im Stadtrat hinstellen und sagen, ‘okay, wir gehen da mit‘, weil wir damit keinen Schritt weiterkommen zu einer wirklichen Lösung. Irgendwann muss ich sagen, ‘Nein, Leute, so kann‘s nicht weitergehen‘. Und wir reden inzwischen ja nicht mehr nur von armen Leuten. Wir reden inzwischen auch von der Mittelschicht, die sich diese Steigerungen nicht mehr leisten können.
Feride Niedermeier, Danke für das Gespräch.