Heute im Rat: Lerche und Nachtigall
Zwei Jahre lang ist keiner drauf gekommen: Provisorischer Pendelbus-Halt am Theresiencenter, darf auch von Touristenbussen genutzt werden. Foto: Engel
Wer war’s denn jetzt? War es die Nachtigall, wie Julia sagt? Oder die Lerche, wie Romeo behauptet? Heute will der Stadtrat eine Fehlentscheidung korrigieren: Der Touristenbus-Halt soll nach dem Theresienplatz-Umbau vom Hagen auf den Platz zurückverlegt werden. Und: Im Plenum wird wohl auch endgültig geklärt, wer verantwortlich für die Fehlentscheidung „Hagen“ ist.
Im Vorfeld der Sitzung hatten etliche Räte die Verantwortung von sich gewiesen. Sie seien nur einem „Vorschlag der Verwaltung“ gefolgt, also dem Gesang der Lerche; die habe glaubhaft ein Sicherheitsrisiko durch Busse am Stadtplatz angeführt. Andere sprechen im persönlichen Gespräch von unrichtiger Berichterstattung „in den Medien“ zum Zwecke der Sündenbockerzeugung. Und der OB sagt, dass man nicht zurückschauen und die Schuldfrage stellen soll, weil man nach vorne schauen muss.
„Nachtigall, ick hör dir trapsen“, würde der Berliner da vermutlich sagen: Die einen wollen nicht schuld sein, was verständlich ist, und der OB will das peinliche Thema so klein wie möglich halten, was auch zu verstehen ist. Aber es ist schon auch wichtig, dass man weiß, wer was gemacht und verursacht hat: Ausschuss? Verwaltung? Die Nachtigall? Oder die Lerche? Man will am Ende ja ein urteilsfähiger Bürger und auch Vogelkundler sein. Vor der Sitzung deshalb dazu ein paar Fakten.
Schäfer warnt vor dem Busbahnhof
Es gibt Protokolle zu allen Ausschusssitzungen zu diesem Thema. Sie zeigen klar: Der Ausschuss folgt hier der Verwaltung? Das ist so nicht richtig. Die Verwaltung war nie für den Hagen. Die Idee vom Hagen als Reisebus-Halt kommt aus dem Ordnungsausschuss.
Die Verwaltung wollte nach dem Platz-Umbau zwar den Pendelbus zurück zum Platz, nicht aber die Reisebusse. Warum schien ihr damals - im Gegensatz zu heute - der Platz untauglich? Sicherheitsbedenken durch Busse beim Wenden, bürokratisch übersteigert? Das Protokoll der ersten Sitzung zu dem Thema im Oktober 2022 sagt dazu nichts. Der Vorschlag für den neuen Bus-Halt jedenfalls ist die Regensburger Straße, etwa 3oo Meter und ebenerdig vom Theresienplatz entfernt. Dem stimmen im Oktober 2022 einstimmig alle zu. Die Planung läuft.
Die Busbahnhof-Idee taucht erstmals im März 2023 auf. Gut 600 Meter entfernt, also gut doppelt so weit, bergauf vom Hagen: „Nicht maßgeblich länger“, finden das plötzlich viele im Ausschuss. Anders sieht das Bürgermeister Werner Schäfer: Er warnt sofort, „dass durch die größere Entfernung des Busparkplatzes zum Stadtzentrum ein Rückgang des Tourismus zu befürchten“ wäre. Es fruchtet nicht. Erstmals zeichnet sich eine Mehrheit gegen die Verwaltung ab. Ab jetzt will man die überflüssige Verlagerung in ihrer schlechtesten Variante.
Ausschuss: „Gute Verwendung für den Busbahnhof“
Im Juli 2023 kommt der entscheidende Antrag. Er kommt aus der CSU-Fraktion von Renate Lermer: „Frau Stadträtin Lermer führt aus, dass durch die Haltestellen in der Regensburger Straße die ohnehin stark befahrene Geiselhöringer Straße überlastet würde, Parkplätze wegfallen und die Anwohner in der Regensburger Straße belastet würden. Herr Meindorfer (beratendes Mitglied, Anm. d. Red.) sieht durch die Zu- und Abfahrt zu bzw. von der Regensburger Straße ebenfalls eine zusätzliche Belastung für mehrere Verkehrsknotenpunkte und hält den Weg vom Busparkplatz Am Hagen zum Theresienplatz auch für touristisch attraktiv. Herr Stadtrat Mittermeier schließt sich dieser Ansicht an und sieht darin eine gute Verwendung für den bislang weitgehend ungenutzten Busbahnhof, der mit dem Pendelbus zudem an den Theresienplatz angebunden ist.“
Die Verwaltung warnt in derselben Sitzung: „Seitens der Stabstelle Tourismus wird diese Alternative nicht befürwortet, ebenso spricht sich Herr Bürgermeister Schäfer gegen die Alternative aus.“ Die Begründung: „Es ist zu befürchten, dass Straubing von den Reisebusunternehmen nicht mehr angefahren würde.“
Die Argumente sind dabei glasklar: „Bei den Gästen handelt es sich häufig um Senioren, für die der Anstieg zum Stadtplatz beschwerlich ist. Man muss davon ausgehen, dass ein Umstieg auf den Pendelbus nicht gut angenommen würde. Vielmehr wäre bei ungünstigen Rahmenbedingungen zu erwarten, dass die Reisebusunternehmen auf einen Besuch verzichten, da Straubing touristisch nicht den Stellenwert wie etwa Regensburg oder Passau hat.“
Sicherheitsrisiko am Theresienplatz? Eher klein
Der Ausschuss ignoriert das. Für den Verwaltungsvorschlag Regensburger Straße stimmt in der entscheidenden Sitzung nur Werner Schäfer. Peter Stranninger fehlt bei der Abstimmung, der Rest folgt parteiübergreifend dem Antrag aus der CSU-Fraktion. Daraufhin versucht im Oktober 2024 die Verwaltung, die Busse wenigstens bis Umbaubeginn am Theresienplatz zu belassen. Auch das lehnt der Ausschuss ab, wenn auch äußerst knapp.
Im Oktober-Protokoll heißt es: „Die Stadträtinnen Lermer und Niedermeier, die Stadträte Spielbauer, Schreyer und Mittermeier sowie Herr Meindorfer sprechen sich im Hinblick auf das Sicherheitsrisiko beim Rangieren am Theresienplatz und mangels geeigneter Alternativstandorte dennoch dafür aus, die Reisebusse auch schon vor den Baumaßnahmen Am Hagen halten zu lassen.“ Dafür stimmt auch Stephan Weckmann. Den Hagen-Gegnern dagegen fehlt nur eine Stimme, und Peter Stranninger fehlt erneut.
Und das „Sicherheitsrisiko beim Rangieren“? Hier finden wir in der Oktober-Sitzung 2024 nur als Stellungnahme der Polizei: „…erläutert auf Nachfrage, dass beim Rückwärtsfahren von Reisebussen grundsätzlich ein Einweiser erforderlich wäre.“ Klingt das, als müsse man „im Hinblick auf das Sicherheitsrisiko beim Rangieren“ für den Hagen stimmen? Damit ist klar: Es war hauptsächlich die Nachtigall und ein bisserl auch die Lerche. Denn auf die Idee, die Busse nach dem Umbau ganz einfach am Platz zu lassen, sind bis März 2025 leider weder Nachtigall noch die Lerche gekommen. Und Touristen? Deutlich weniger.