Weg mit den Kugelrobinien!
Kugelrobinie, zurückgestutzt, gibt auch ungestutzt wenig Schatten. Foto: privat
Es gibt diese kleinen Hunde, die manchmal von ihren Besitzern durch die Fußgängerzone getragen werden, in Tragetaschen für 33,95 Euro oder auch teurer. Chihuahuas zum Beispiel: klein, glattes Fell, pflegeleicht. Eindeutig ein Hund, aber zur Rettung aus einer Lawine wohl eher nicht so geeignet. Die Kugelrobinie ist für mich der Chihuahua unter den Bäumen.
Gastbeitrag von Sönke Küper, freischaffender Landschaftsarchitekt. Foto: privat
Kugelrobinien findet man in der Fußgängerzone, auf dem Theresien- und auf dem Ludwigsplatz. Es sind Minibäume, nur etwa fünf Meter hoch, die Krone nur etwa vier Meter breit. Schatten? Von diesen Bäumchen? Nicht wirklich. Eher wird ein Chihuahua zum Lawinensuchhund. Aber sie sind halt pflegeleicht.
Derzeit stehen sie ziemlich verstümmelt herum. Vor wenigen Tagen hat man sie zurückgeschnitten. Ein regelmäßiger und auch radikaler Rückschnitt ist bei dieser Baumart durchaus geboten. Damit bleibt ihre Vitalität erhalten. Durch die Kraft in den Wurzeln schlägt die Kugelrobinie dann noch im selben Jahr wieder gut aus, die Krone kommt wieder. Aber Schatten? Wirklich, nur unwesentlich. Dabei wäre genau das so wichtig im Klimawandel, der uns zunehmend überrollt. Aber wenn diese Bäumchen kaum Schatten spenden: Warum sind sie dann hier?
Robinien in Innenstädten sind genügsam, kaum anfällig für Schädlinge, pflegeleicht. Man kann sie auch hübsch finden. Aber man kann auch finden, dass sie zu wenig zu bieten haben, vor allem für eine Innenstadt. Dass sie trotzdem auf dem Stadtplatz stehen, liegt an der Zeit, in der die Fußgängerzone entstand.
Die Winterbeleuchtung hängt das ganze Jahr dran. “Das Entwenden des Baumschmucks ist VERBOTEN!” steht auf einem Schild weiter unten am Stamm. Foto: Engel
Als der Architekt Friedrich Herr in den 80er Jahre den Stadtplatz gestaltete, war seine Intention, schattige Ruheinseln zu schaffen. Das war ein guter, ein kluger Gedanke. Kugelrobinien waren damals sehr beliebt. Der Grund dafür war: Sie waren das Maximum, das der Denkmalschutz zuließ. Das war zwar nicht gut und auch nicht klug. Aber damals waren Denkmalschützer der Meinung, dass die Gründer der mittelalterlichen Städte keine Bäume gepflanzt hatten und Bäume deshalb das historische Stadtbild eher verfälschen. Mehr als kleine Kugelrobinien war aus den Denkmalschutz-Traditionalisten deshalb nicht herauszuholen.
Heute ist eine andere Zeit. Der Klimawandel ist da. Steinerne Zonen wie Straubings Stadtplatz überhitzen. Im Juni, Juli oder August im Seethaler, Gäubodenhof oder Röhrl unter Sonnenschirmen sitzen? Das wird allmählich anstrengend für den Körper. Wir brauchen kühlere Innenstädte.
Warum wagen wir nicht größere Bäume? Solche, die das Stadtklima wirklich zu kühlen helfen? Mit größeren Kronen? Oder geht es wirklich nur darum, Reklameschilder und Häuserfassaden nicht zu verstellen? Und glaubt im Ernst jemand, dass eine Klima-Insel, wie man sie für tausende Euro auf den Stadtplatz gestellt hat, das Problem entscheidend löst? Wenn größere Bäume das Stadtbild stören, dann reißt doch lieber gleich jeden Baum aus dem Boden und ersetzt ihn durch Mini-Klima-Eukalyptusse in stählernen Hochbeeten!
Am 24. Februar hat der Architekt und Stadtplaner Stephan Feldmaier im Straubinger Tagblatt eine sehr richtige These vertreten: In Straubing fehlt ganz einfach ein Konzept, wenn es um die Gestaltung des Stadtplatzes geht. Und in der Tat: Hier ein paar Bänke, da ein paar Hochbeete, Amberbäume, ein Wasserspiel, Bänke, Karussells, blätternde Fahrradständer, das alles ist kein Konzept. Es fehlt ein Gesamt-Konzept, es wird nur improvisiert wie in einem Entwicklungsland, und das Ergebnis ist ein Zuviel an Allem. Aber wenn schon zu viel von Allem, dann wenigstens mit Bäumen, die groß genug sind für wirkliche Aufenthaltsqualität.
Reißen wir diese Kugelrobinien heraus! Ihr einziger Zweck war, Schatten vorzutäuschen, wo keiner ist, aber sein sollte. Kugelrobinien braucht der Straubinger Stadtplatz so nötig wie die Straubing Tigers einen Brasilianer. Was wir brauchen, sind Winterlinden, Platanen, es gibt etliche besser geeignete Bäume. Und wenn ein Chihuahua dran bieselt, dann passt das doch auch.