Kampf der Plakate: Die Grünen
Foto: Engel
„Sag“, sagt die Freundin, „hast du das Plakat von den Grünen gesehen? Ich bin ihnen ja zugetan. Aber das versteh‘ ich nicht.“ Ausgerechnet die Grünen, Partei des wortreichen Wirtschaftsministers, haben in Straubing nur noch ein Wort: Liebe.
„Liebe!“: Das ist der Slogan auf Feride Niedermeiers Plakaten. Was ist der Sinn? Denn die Freundin weist auf ein nicht ganz unwichtiges Detail hin: „Ich brauch keine Liebe von einer Partei. Das Land wieder in Ordnung bringen tät mir völlig reichen.“ Was also ist die Botschaft?
Ist es: „Das Land wieder in Ordnung bringen kann keiner. Aber wir können euch wenigstens Liebe geben“ - ist es das, was die Grünen uns sagen wollen? Vielleicht. Wir wissen es nicht.
„Liebe“ als Wahlkampfwort klingt nebulös. Es ist so undurchsichtig, verschwommen, unklar. Es wirkt zusammenhanglos. Doch bei näherer Betrachtung muss jeder sagen: Ja, das ist schön. Denn Liebe ist positiv. Liebe verbindet. Niemand kann gegen Liebe sein. Und sie passt so gut zu den Grünen.
„Wo Liebe ist, wird Unmögliches möglich“, sagt Buddha, und Buddha hat oft recht. Das ist die Chance für den grünen Kanzlerkandidaten. Und es gibt weitere Hoffnung für Habeck. Denn es gibt auch das Wort des französischen Gelehrten Blaise Pascal (1623 – 1663): „Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean an Verstand.“
Den Tropfen hat Habeck so gut wie jeder andere Grüne. Denn steht nicht geschrieben: „Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.“? Das könnte von Habeck sein, ist aber von Paulus, erster Korintherbrief. Dort heißt es weiter: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“
Jaja, denkt da der Wähler in mir, „Liebe“ als Wahlslogan ist schön. Es ist so frei von Problemen. Man liest es, man lächelt, man hofft und fasst Zuversicht. Doch dann, urplötzlich, schießt Connie Francis in den von Liebe verwirrten Sinn:
Connie Francis, jene große und heute weithin vergessene Philosophin aus Newark, New Jersey. Bereits 1960 hat sie eine Grundbedingung menschlichen Seins formuliert: „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, hat Francis erkannt, „sie kommt und geht von einem zum andern.“ Das alte Wechselspiel von rechts nach links und wieder zurück klingt hier an, und nur wenige Jahre später erweiterte sie: „Keine Liebe ohne Tränen, keine Freude ohne Leid. So wird’s immer sein im Leben. Oh, my Darling, das weiß ich heut.“
Liebe: ein toller Slogan. Alles wird gut, hat Nina Ruge vor 30 Jahren gesagt.