Hat ein Imbiss auch bei Regen geöffnet?

In der Art vielleicht? Foto: ChatGPT

Wieviel muss man eigentlich von Wirtschaft verstehen, um im Wirtschaftsausschuss zu sitzen? So wahnsinnig viel nicht, fürchte ich. Stellen Sie sich vor, Sie sind Gastronom, ziemlich erfolgreich, seit Jahren im Geschäft, und Sie haben eine Idee: Kleiner Fischstand am Ludwigsplatz, paar Sitzplätze, eine dampfende Bouillabaisse, ein Glaserl Wein und Blick auf den Stadtturm. Wäre doch prima, ein bisserl was Anderes, eine Attraktion. Gibt es in vielen Städten, in Straubing noch nicht. Wird es das überhaupt geben? Im Wirtschaftsausschuss ist am Montag über eine solche Idee diskutiert worden: „Errichtung eines Verkaufsstandes für regionalen Frischfisch und Fischspeisen auf dem Stadtplatz.“

Der Verwaltungsauftritt war gut. Daniela Bachmeier legt schlüssig dar, warum ein solcher Stand ein Gewinn für das Zentrum sein kann: Zieht neues Publikum an, ergänzt den Viktualienmarkt gut, knüpft an die Historie an, weil schon früher am Stadtplatz ein Fischstand war. Fünf Standorte untersucht, die meisten bürokratischen Hürden schon überwunden, Denkmalschutz, Bauamt, Ordnungsamt, Stadtplanung und Stadtmarketing alle schon mit im Boot. Jetzt muss nur noch der Wirtschaftsausschuss zustimmen, dann ab in den Stadtrat und Ausschreibung. Und dann sind die Ausschussmitglieder dran: Oh, mein Gott.

Ein paar sind glücklicherweise dabei, die finden das ganz einfach gut. Johannes Spielbauer, Linke, zum Beispiel, der weiß Gott nicht alles gut findet, sagt diesmal: „Regionaler Fisch, dazu Einkaufserlebnis am Stadtplatz, find ich sehr gut.“ Erhard Grundl, Grüne, sagt: „Alles, was zeigt, dass wir an der Donau liegen, kann nicht verkehrt sein.“ Die übrigen Räte? Sie tragen Bedenken.

Sie könnten sagen: „Fachstellen dabei, wir wissen grundsätzlich Bescheid, ab in den Stadtrat, und für die Details im Konzept ist eh die Ausschreibung da.“ Aber das tun sie nicht. Sie stellen Fragen. Das Niveau dieser Fragen? Hier ist es:

„Sind die Fischspeisen auch regional oder nur der Frischfisch?“ Du hörst als Beobachter zu und denkst: Zeig mir einen regionalen Fischladen, der nicht auch ein bisserl zukauft. „Warum auf dem Stadtplatz? Warum nicht in einem Leerstand in einer Seitengasse?“ Ja, warum nicht einen Zwölf-Quadratmeter-Laden in einem 200-Quadratmeter-Leerstand, der dafür von Einzelhandelsfläche zu Gastro umgebaut werden muss, statt im Freien? Und überhaupt: Warum nicht gleich direkt vorschreiben, wer an welcher Stelle was zu investieren hat?

„Wie lang sind die Öffnungszeiten? Pro Woche? Am Tag?“ Ja, wie lang werden sie sein? So lang wie die üblichen Geschäftszeiten am Stadtplatz sonst auch? Schön auch die Frage: „Wie schaut der Stand aus? Ist er aus Holz?“ Dazu eine Gegenfrage: Wozu noch eine Ausschreibung, wenn alles hier schon beantwortet werden muss? Aber den Vogel schießt diese Frage hier ab: „Was ist, wenn’s schneit oder regnet? Macht der dann zu?“ Ja, macht denn der Kaffeestand zu, wenn es regnet? Der Christkindlmarkt, wenn es schneit? Macht der Nordsee-Straßenverkauf nur bei Sonnenschein auf? Verkauft der Seubert-Stand Gemüse nur ab 15 Grad aufwärts?

Es sind hauptsächlich CSU-Räte, die sich ihre Köpfe zerbrechen zu Fragen, die Unternehmersache sind, aber nicht ihre. Und jetzt kommt das Deppertste: Sie sagen nicht „Ab in den Stadtrat und Ausschreibung“. Sie sagen: „Vor dem Stadtrat muss das Thema noch einmal in den Ausschuss.“ Denn sie wollen mehr Details wissen zum Konzept. Sie verstehen ganz offenbar nicht, dass Details eine Frage der Ausschreibung sind.

Der OB war sichtlich unfroh über diese Nicht-Entscheidung. Auf der Zuhörerbank sitzt Andreas Schinharl, ein Spitzenkoch, bekannt in Straubing und München. Nach dem Entscheid verlässt er den Raum. Offenbar ist er derjenige, der dieses Konzept entwickelt. Ihm dürfte klar sein, dass der Ausschuss von ihm praktisch verlangt, im Ausschuss Eckpunkte seines Konzepts offenzulegen, während ein möglicher Mitbewerber - so wie er am Montag - auf der Zuschauerbank sitzen und bei seinen Ideen mitschreiben kann.

Ich fürchte: Wenn man die Mitglieder in diesem Ausschuss fragen würde, was das Schlimme an Bürokratie ist, würden sie sagen: Dass Bürokratie alles verlangsamt. Dass sie unwichtige Details hochspielt. Dass sie schnelles Entscheiden unmöglich macht. Der nächste Wirtschaftsausschuss tagt übrigens  erst im Juli, ein Zeitverlust von gut einem Vierteljahr. Und warum? Weil sie im Ausschuss nicht wissen, ob ein Imbiss auch offen hat, wenn es regnet.

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