Fröhliche Weihnacht!

Wenden wir uns dem alltäglichen Wahnsinn zu. Der besteht im Moment natürlich aus Weihnachten, und insbesondere in der Frage: Was schenken?

Es wird viel falsch gemacht in dieser Frage. Allgemein geht man davon aus, dass es die Männer sind, die alles falsch machen. Da ist was dran. Eine britische Supermarktkette hat einmal eine Umfrage unter 3 000 Frauen gemacht. Es kam heraus, dass 90 Prozent aller Männer es nicht schaffen, ihrer Frau ein passendes Geschenk zu machen. Zu ihnen gehört auch ein guter Bekannter. Seine Frau stand vor dem Baum und betrachtete das Geschenk, das er ihr zugedacht hatte, es war länglich und gut verpackt. Wie sie später gestand, hatte sie dabei nur einen Gedanken: „Bitte, lieber Gott, lass es keine Ski sein.“ Natürlich waren es Ski: Fröhliche Weihnacht!

Dabei, sagen zwei Verkäuferinnen in einer Stadtplatz-Boutique, ist nichts leich­ter als einer Frau ein Weihnachtsgeschenk zu machen: „Schmuck!“, sagen sie, „Handtasche! Uhr! Reise! Theaterbesuch! Was Persönliches halt.“ Es könnte so einfach sein. Doch was schenkt der Mann? Ski. Toaster. Mixer. Bügeleisen. „Wenn ich ein Haushaltsgerät krieg“, sagen dazu die beiden, „flippe ich aus. Das ist ja ein Arbeitsgerät!“ Und Arbeit, die will man ja nicht einmal geschenkt.

Die Grundregel der Verbotenen Weihnachtsgeschenke

Doch auch wenn ein Mann denkt, dass er Persönliches schenkt, denkt er oft falsch. Einmal hat ein solcher seiner Frau einen Wellness-Gutschein für St. Englmar geschenkt, das war völlig falsch. „Gfall ich Dir ebba nimmer?“, hat die Frau ihn gefragt, es war nicht die Reaktion, die er erhoffte. Erfahrene Männer wissen deshalb, was zu Weihnachten gar nicht geht: „Die Grundregel der Verbotenen Weihnachtsgeschenke an eine Frau“, verrät uns ein Kenner der weiblichen Psyche: „Niemals Schlankmach-Bodys und Pushup-BHs! Niemals Schminksets! Und: niemals ein Bügeleisen und Bügelbrett!“

Aber was dann? Was, wenn einem Schmuck, Reise, Uhr einfach nicht einfallen will? Dann denkt der Mann hin und wieder her, ratlos und voller Verzweiflung, bis zum Samstag vor Heiligabend, oder, noch schlimmer, bis zum Heiligabend selber. Dann stürmt er los, ein verzweifelter Last-Minute-Käufer der guten Absicht, doch leider planlos. „Je näher Heiligabend kommt“, wissen die Verkäuferinnen, „desto mehr kommen die Männer.“

Gerne greifen sie dann zu Geschenken, die schon verpackt sind in Zellophan, „für Last Minute-Käufer sehr angenehm“, weiß das Personal. Weihnachten glaubt der Mann dann gerettet, und die Frau hat eine Zierfigur mehr, es kann auch eine sehr schöne Teekanne sein.

“Das Schlimmste, was es gibt”

Auch der Mann mit den Ski war von der Reaktion überrascht. „Ich hab gedacht“, sagt er rück­blickend, „ich mach ihr eine Riesenfreude.“ Die gute Nachricht dabei ist, dass er überhaupt gedacht hat. 10 Prozent aller Frauen gaben in der Umfrage nämlich an, dass ihre Männer sogar so verzweifelt seien, dass sie lieber gar nicht mehr denken und nichts mehr schenken. Aber vielleicht würde sich auch eine Umfrage unter 3 000 Männern lohnen. Er hat nämlich von ihr auch ein Geschenk bekommen: ein „Wer wird Millionär“-Spiel.

Als halbwegs intelligenter Mann begriff er natürlich sofort, was hier der Subtext war: „Wenn man“, sagt er, „einem erwachsenen Mann ein Spiel schenkt, dann heißt das: Hallo, bleib daheim, kümmer Dich mehr um uns.“ Nur: Dummerweise hasst er Spiele-Abende, „das Schlimmste, was es gibt“, nennt er sie. Ist solch ein Geschenk wirklich zielführend? Wohl eher nicht: Weder gelingt, den Beschenk­ten zu erfreuen, noch erfüllt es den Zweck, den die Schenkerin eigentlich anstrebt. Die einzige Konsequenz, die der Mann zog: Er hat das Spiel so gut versteckt, das es keiner mehr fand. Sogar über Ostern blieb es verschollen.

Es ist eben nicht leicht, das Richtige zu finden. Und nicht nur für Männer nicht, sondern auch für Frauen. Nehmen wir den Christian und seine Schwester: Womit überraschte sie ihn? Mit einem Überbrückungskabel, das er hoffentlich niemals benötigen wird. Bei nächster Gelegenheit hat er sich revanchiert. Jetzt hat sie für ihr Auto ein Notfallset, das sie hoffentlich niemals benötigen wird.

Sind grüne Cordhosen gute Geschenke?

Irritierend für Enkel sind oft Geschenke der Oma. „Weißt Du, was meine Oma mir immer schenkt?“, verrät Enkel Andi: „Religiöse Bücher.“ Gerne über Atheisten, die dann doch glaubten. Auch dies ein Geschenk, das mehr über die Wünsche der Oma verrät als über die ihres Enkels. Obwohl die Oma auch die Enkel-Bedürfnisse nicht ganz aus den Augen verliert: „Ja, gut“, räumt der Andi ein, „meistens ist dann in den Seiten ein Geld drin.“

Die Hitliste der seltsamen Weihnachtsgeschenke ist lang. „So schwarze Hem­den“, sagt der Sebastian, „die über der Knopfleiste einen Überschlag haben.“ Das hat er einmal unter dem Christbaum vorgefunden, es schien ihm seltsam. „Ein Hemd, wo die Knopfleiste bedeckt ist“, führt er aus, „kannst du dir vorstel­len, wie greislich des is?“ Er selber würde so etwas natürlich niemals verschen­ken. Er kennt sich selber zum Glück lang genug, um behaupten zu können: „Ich mach mir immer sehr viele Gedanken, wem ich was schenk. Und deshalb schenk ich immer das Richtige her.“ Man kann ihm das glauben, oder auch nicht.

Schlimm erwischt hat es auch einmal einen anderen Andi: Cordhose. Und auch noch in Grün. „Ich habs“, berichtet der Andi, „genau einmal angehabt. Und dann nie wieder.“ Und er flüstert, noch immer geschockt: „A greane Cordhosn: Satan, weiche!“ Wer aber ist nun das Christkind, das schwarze Hemden mit Überschlag und grüne Cordhosen Marke „Satan, weiche!“ verschenkt?

Wir ahnen es dunkel, wenn wir vernehmen, was sich der Sepp zu Weih­nach­ten auf gar keinen Fall wünscht: „Keinen Schlafanzug. Keine Socken. Keine Unterho­sen.“ Dies alles, berichtet der Sepp, habe er schon einmal bekommen: „Von meiner Mama.“

Ganz furchtbar: Küchengeräte!

Auch Michaela kann dazu erzählen. Sie ist eine gute Köchin, und um ganz genau zu sein, sogar eine sehr gute. Das ist sehr schlecht. Denn was bekam sie zuletzt an Weihnachten? „Einen Mixer“, sagt sie, „es war schon der zweite.“ Jedes Jahr wieder bekommt sie ein Küchengerät, jedes Jahr wieder braucht sie es nicht, weil sie es schon hat, es ist ein Problem. Sie hat bereits eine Theke, in der sie alle Zweit- und Drittgeräte verstaut, Mixer, Toaster, alles was kommt, und nur die zweite Mikrowelle hat sie irgendwann verkauft.

Seit ihrer Kindheit geht das so, weil sie als Mädchen Küchengeräte gern hatte. Seither bekommt sie welche. Und weil sie, wie fast alle Menschen, unterm Baum ja schlecht sagen kann: „Bitte! Hört auf! Ich finde Küchenarbeits- und sonstige Elektrogeräte nicht einmal halb so toll wie alle glauben!“, wird sie weiter Geräte bekommen, bis eines nicht mehr fernen Tages ihre Wohnung überquillt und sie in ein großes Haus ziehen muss, dessen Miete sie sich gar nicht leisten kann. Und ein Berg an Mietschulden wird wetteifern mit einem Berg aus Toastern, Mixern und Mikrowellen, wer der höhere sei.

Und wer kennt sie lange genug, um ihr seit der Kindheit solche Geräte zu schenken? Genau. „Mütter“, sagt Michaela, „sind diejenigen Menschen, die dich am besten kennen. Irgendwie erwartet man doch, dass sie am besten wissen, was einem gefällt.“ Aber sie schenken grüne Cordhosen, schwarze Hemden mit Überschlag und Toaster, und der Unterschied zu dem, was Männer schenken, ist nur, dass die Geschenke bereits Anfang Oktober erworben wurden.

Eigentlich haben wir alles schon”

“Mütter in diesem Sinne können auch Väter sein. Hanni zum Beispiel, Fan von Aretha Franklin, die die Queen of Soul war und immer noch ist, was bekam sie einst von ihrem Vater? Ein Roger Whittaker-Album. Mit Liedern wie „Albany“, ein Lied, das so schlimm ist, dass Whittaker selber zu Beginn gleich behauptet, es sei gar nicht seines: „Dies ist Gordon Kenseys Lied, sein Lied von Albany, dem stolzen Schloss seines Clans, das er eines Tages für immer verlieren sollte.“

Ja, Weihnachten kann auch traurig sein. Dabei ist „Albany“ nichts gegen das, was Iris einst erlebte, sie war erst zehn. Nichts hatte sie sich so sehr gewünscht wie eine Stereoanlage: einen dieser Ghettoblaster, aus denen der Bass wummert und dröhnt und mit dem man Eltern in den Wahnsinn treiben kann. Dann stand ein Packerl da, es war groß und sie wusste: der Ghettoblaster. Ihr Herz war voll Glück. Was war in dem Packerl? Vier Katzenaugen fürs Radl. Vier Katzen- und zwei traurige Kinderaugen: So fröhlich kann Weihnachten sein.

Ins Nanu Nana, einem der letzten Zufluchtsorte für planlose Schenker, kam einmal ein älteres Ehepaar. „Ganz ehrlich“, sagt die Frau, „wir wollen uns nur kurz aufwärmen, weil eigentlich haben wir alles schon“. Das, was sie schenken wollen, haben sie schon, und was man ihnen schenken wird, im Grunde auch schon. Deshalb sagt der Mann: „Man hat sowieso die Freude nimmer wie früher.“ Und seine Frau sagt: „Wir sind ja alle ein bisserl übersättigt.“

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Ach, Heiligabend

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Der Christbaum vom letzten Jahr